Leitbild – Zur Bedeutung von Selbsterkenntnis im professionellen Entwicklungsprozess
Konstantin Manetas
Der sokratische Imperativ „Γνῶθι σεαυτόν“ („Erkenne dich selbst“) bildet die leitende Maxime meines professionellen Selbstverständnisses. Nachhaltige Entwicklung – sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene – setzt dort an, wo Menschen in ein vertieftes Verständnis ihrer eigenen Person gelangen.
Diese Perspektive ist verankert in einem humanistischen Menschenbild, das seine Wurzeln in meiner griechischen Herkunft hat. Die antike griechische Kultur steht paradigmatisch für die Verbindung von Bildung und Persönlichkeitsentwicklung, von demokratischen Werten und individueller Entfaltung. Sie versteht den Menschen als zur Reflexion und ethischen Selbstgestaltung fähiges Wesen – ein Leitgedanke, der meine pädagogische, beraterische und führungsbezogene Praxis entscheidend prägt.
Mission: Selbstorientierung als Voraussetzung gelingender Entwicklung
Im Zentrum meiner Arbeit steht die Förderung innerer Orientierung. Ob im Kontext der Hochschullehre, im Coaching oder in organisationalen Transformationsprozessen – mein Ziel ist es, Räume zu gestalten, die zur Selbstreflexion anregen und eine tiefgreifende, intrinsisch motivierte Entwicklung ermöglichen.
Aus systemischer wie auch entwicklungspsychologischer Perspektive lässt sich argumentieren, dass Führungskompetenz, Kommunikationsfähigkeit und Resilienz maßgeblich durch das Maß an Selbstverstehen beeinflusst werden. Die Fähigkeit zur Selbststeuerung, zur bewussten Werteorientierung und zur Gestaltung authentischer Beziehungen bildet die Grundlage verantwortungsvollen Handelns in komplexen beruflichen Kontexten.
Werteorientierung: Antike Konzepte im gegenwärtigen Handlungsrahmen
Meine Arbeit ist geleitet von vier zentralen Wertprinzipien, die sich sowohl kulturhistorisch als auch praktisch-pädagogisch begründen lassen:
Phronēsis – Praktische Weisheit
Im Sinne der aristotelischen Ethik ist phronēsis die Fähigkeit, in konkreten Situationen umsichtig und ethisch verantwortlich zu handeln. Sie verbindet Erfahrung mit situativer Urteilsfähigkeit und bildet eine zentrale Ressource für professionelle Entscheidungskompetenz.
Arete – Streben nach Exzellenz
Das antike Konzept der arete geht über ein funktionalistisches Leistungsverständnis hinaus. Es verweist auf das Ideal eines gelingenden, sinnhaften Lebens im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Werten. In meiner Praxis begleite ich Menschen auf dem Weg zu einer solchen individuellen Exzellenz – nicht als Perfektion, sondern als Ausdruck innerer Stimmigkeit.
Dialog – Erkenntnis durch Begegnung
In Anlehnung an die sokratische Dialogform und moderne dialogische Ansätze, verstehe ich Kommunikation nicht primär als Informationsaustausch, sondern als gemeinsamen Denkprozess. Echtes Verstehen entsteht im dialogischen Raum – durch aufmerksames Zuhören, präzise Fragen und wechselseitige Resonanz.
Metanoia – Transformation durch Einsicht
Veränderung, so zeigt die transpersonale Psychologie ebenso wie die tiefenhermeneutische Beratung, wird dann tragfähig, wenn sie aus innerer Einsicht und nicht aus externem Anpassungsdruck hervorgeht. Metanoia, im ursprünglichen Sinne eine geistige Umkehr, steht für jene tiefgreifende Wandlung, die auf Reflexion und Bewusstwerdung basiert.
Pädagogisch-ethische Orientierung
Meine Arbeit ist inspiriert von einem Verständnis von Bildung, das mehr umfasst als die Vermittlung von Wissen. Ich sehe Bildung als Prozess der Selbstformung im Dialog mit der Welt – ein Prozess, der ethische Urteilskraft, personale Reifung und soziale Verantwortung integriert.
In der Führungspraxis bedeutet dies: Autorität basiert nicht auf hierarchischer Macht, sondern auf Vertrauen, Integrität und der Fähigkeit, Entwicklung zu ermöglichen. Im Coaching bedeutet es: Veränderung wird nicht angestoßen durch Interventionen, sondern durch die Eröffnung innerer Erfahrungsräume. Und in der Lehre heißt es: Lernen ist ein dialogischer, sinnstiftender Prozess, der Kopf, Herz und Hand gleichermaßen adressiert.
Begleitung als ethisch-professionelle Haltung
Die Begleitung von Menschen in beruflichen und persönlichen Entwicklungsprozessen verstehe ich als einen Akt der Verantwortung, der Klarheit, Präsenz und Tiefe erfordert. Sie ist getragen von der Überzeugung, dass individuelle Potenziale nicht „freigesetzt“, sondern durch vertrauensvolle Beziehungen, reflektierte Praxis und gezielte Impulse zur Entfaltung gebracht werden.
In diesem Sinne gilt für meine Arbeit: Echte Entwicklung beginnt mit der Bereitschaft zur Selbsterkenntnis – und führt zu einer stärkeren, bewussteren und verantwortlicheren Gestaltung der eigenen Wirklichkeit.